„Bitcoin“, „Kryptowährung“ oder auch „Blockchain“ – Begriffe, die bis vor einigen Jahren nur wenige Menschen kannten und noch weniger überhaupt erklären konnten, sind mittlerweile in unser aller Alltag angekommen. In einem relativ neuen Markt, dessen Regulierung noch in ihren Kinderschuhen steckt, erlangt dieses Thema auch strafrechtlich immer größere Relevanz. Das wurde spätestens am 15. März 2023 deutlich, als die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das Bundeskriminalamt in enger Zusammenarbeit mit Europol und einigen US-Behörden den vermeintlich weltweit umsatzstärksten Geldwäschedienst für Kryptowährungen im Darknet, eine Plattform namens „ChipMixer“, abschalteten.
Wir haben dies zum Anlass genommen, das Thema Kryptowährung einmal unter strafrechtlichen Gesichtspunkten für Sie zu beleuchten.
1. Ist es strafbar, Kryptowährung zu halten?
Nein, es ist per se nicht strafbar, in Bitcoin oder andere Kryptowährungen zu investieren. Strafrechtlich problematisch wird es mit Kryptowährungen dann, wenn sie dazu eingesetzt werden, die Herkunft von Geldern zu verschleiern. Beim sogenannten „Mixen“ werden zum Beispiel die gesammelten Kryptowerte der Kunden zunächst in einheitliche Kleinstbeträge aufgeteilt, sogenannte „Chips“. Im Anschluss werden diese „Chips“ vermengt, wodurch die ursprüngliche Herkunft verborgen werden soll. Die Anbieter solcher Mixer versprechen ihren Nutzern durch diese Vorgehensweise vollständige Anonymität und wie alles, was – vermeintlich – anonym geschieht, zieht man damit das Interesse sowohl von Kriminellen, als auch von Strafverfolgungsbehörden auf sich.
2. Wo ist strafrechtlich der Unterschied zum Buchgeld?
Strafrechtlich gibt es keinen nennenswerten Unterschied zwischen Kryptowährungen und Buchgeld. Das wird an dem klassischen Fall des sog. „Finanzagenten“ deutlich: Wer sich Geld auf sein Konto überweisen lässt, um es gegen eine kleine Provision weiterzuleiten, wird sich regelmäßig wegen Geldwäsche strafbar machen, weil es nur wenig plausible Gründe für eine solche Zwischenschaltung gibt. In den allermeisten Fällen geht es, ähnlich wie beim „Mixen“, um die Verschleierung der Herkunft bestimmter Gelder. Das Grundkonzept des Mixens ist daher strafrechtlich bekannt und tritt bei Kryptowährungen nun nur im neuen Gewand auf.
3. Worauf sollte ich achten, wenn ich Kryptowährung halte?
Grundsätzlich gilt, dass der „Besitz“ und die Transaktion bereits vorhandener Kryptowährungen nicht strafbar ist. Um aber zu verhindern, dass man durch den Kauf von Kryptowährung in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden gerät, sollte man, vergleichbar mit dem Beispiel des klassischen Bankkontos, auf fragwürdige Kryptoüberweisungen von Wallet zu Wallet oder den Ankauf außerhalb von offiziellen Handelsbörsen verzichten.
4. Was muss ich steuerlich beachten?
Wie so oft spielt auch im Bereich der Kryptowährungen das Steuerrecht eine nicht unbedeutende Rolle bei der Frage, wie man ohne Fehler Vermögensmehrung betreiben kann.
Bitcoin und andere Kryptowährungen gelten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 14. Februar 2023, Az.: IX R 3/22, als Wirtschaftsgüter im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG und können daher Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts sein. Ob hierfür Steuern zu zahlen sind hängt davon ab, wie lange man das Wirtschaftsgut gehalten hat. Ist zwischen Erwerb und Veräußerung ein Jahr vergangen, sind die Gewinne daraus steuerfrei, andernfalls fallen Steuern an.
Praxistipp: Die Zeiten, in denen Kryptowährungen als „Spinnerei“ von den Behörden abgetan wurde und man mehr oder weniger unbehelligt von staatlicher Autorität damit handeln konnte, dürften vorbei sein. Wer in der Vergangenheit Gewinne aus entsprechenden Veräußerungsgeschäften gezogen hatte, sollte sich klar machen, dass die Nichterklärung dieser Gewinne im Rahmen der Steuererklärung eine Steuerstraftat nach § 370 AO darstellt und deshalb über eine Selbstanzeige zur Straffreiheit nachdenken. Voraussetzung ist, dass der Betroffene das Finanzamt lückenlos über alle Gewinne und Verluste informiert und die hinterzogenen Steuern vollständig zurückzahlt - inkl. aller etwaig anfallender Zuschläge und Zinsen.
5. Wie hoch ist das Entdeckungsrisiko?
Die noch häufig mit Kryptowährungen einhergehende Vermutung absoluter Anonymität ist heutzutage in den meisten Fällen ein Irrglaube. Die Strafverfolgungsbehörden haben in den letzten Jahren ihre Fähigkeiten zur Nachverfolgung und Zuordnung von Transaktionen durch Kryptowährungen stark verbessert, nicht zuletzt im Rahmen der einsetzenden Regulierungen. Beispielhaft wären hier Sammelauskunftsersuche an Dienstleister, Datenanfragen an Plattformen oder die direkte Rückverfolgung von Transaktionen in der Blockchain zu nennen – auch wenn letzteres durch potentielle Eingriffe in die Grundrechte noch relativ stark begrenzt ist. Hinzu kommen Geldwäscheverdachtsmeldungen von (zur Auskunft verpflichteten) Banken und anderen Finanzinstitutionen sowie die stetig wachsende Anzahl internationaler Initiativen mit dem Ziel, den (internationalen) steuerlichen Informationsaustausch weitestgehend zu automatisieren.
Praxistipp: Das Ausweichen auf einen Broker mit Sitz im Ausland bietet keine Garantie, dass Finanz- und Strafverfolgungsbehörden nichts über etwaige Spekulationsgewinne erfahren und / oder keinen Zugriff auf die (Nutzer-)Daten des Brokers erlangen können. Selbstverständlich bieten im Ausland sitzende Broker legale (steuerliche) Vorteile, die jedoch mit einem höheren Gefahrenpotential zur Abgabe einer lückenhaften Steuererklärung einhergehen. Hier sollte man Kosten und Nutzen sorgsam gegeneinander abwägen.
6. Fazit
Die Entwicklungen der letzten Monate sind für Kryptowährungsinhaber kein Grund zur Panik. Wer Kryptowährungen als alternativen Investitionsmarkt sieht, dies transparent hält und sich nicht auf „Geschäfte“ einlässt, die er auch mit Buch- oder Bargeld nicht machen würde, wird auch in Zukunft keine Probleme mit den Strafverfolgungsbehörden bekommen.
Alle anderen sollten sich darüber bewusst sein, dass auch die Anonymität im Internet durch die nationale wie internationale Zusammenarbeit von Behörden, Banken und Internetprovidern immer weiter abnimmt. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis es erste „Panama-Papers“ auch über Kryptowährungen gibt. Wie so oft gilt daher auch bei Kryptowährungen: Im Zweifel lieber auf den Profit verzichten; denn die Konsequenzen straf- oder steuerstrafrechtlich relevanten Verhaltens können um ein Vielfaches teurer sein.
Autor:
Rechtsanwalt Dr. Pascal Johann; seit 2013 Kommentator der Vermögensabschöpfungsvorschriften der §§ 111b ff. StPO im Löwe-Rosenberg Großkommentar zur Strafprozessordnung; Promotion zum Dr. iur. im Jahr 2018 zum Thema „Möglichkeiten und Grenzen des neuen Vermögensabschöpfungsrechts“; deutschlandweite Vertretung und Vortragstätigkeit zu Fragen des Vermögensabschöpfungsrechts.
Foto(s): Dr. Johann
Author: Steven Oneal
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